Frieda

Abseits des Touristentrubels im ohnehin nicht allzu stark frequentierten südtiroler Ultental, leben Frieda, ihr Sohn und dessen Frau und betreiben traditionelle Viehwirtschaft. Der Lebensrhythmus wird seit eh und je vom Füttern, Melken und Misten der Tiere bestimmt. Jeden Morgen gegen 5:00 Uhr beginnt der Arbeitstag und endet, je nachdem welche Arbeiten anstehen, nach Sonnenuntergang oder später. Die Mechanisierung hat nur bedingt Einzug gehalten, so dass nach wie vor Handarbeit dominiert.

Frieda sorgt mit ihren 83 Jahren noch immer für das leibliche Wohl der Familie und der gelegentlichen Helfer, die gegen Kost und Logie freiwillige Arbeit tun.

Jeden Tag zaubert die beste Köchin des Ultentals vom Rollstuhl aus ein Drei-Gänge-Menü auf den Mittagstisch. Die Zutaten kommen soweit irgendwie möglich aus eigener Produktion von Hof und Garten. Das Gefühl, gemästet zu werden, vergeht nach ein zwei Tagen als Knecht auf Zeit.

Gäste sind jederzeit willkommene Abwechslung, egal ob es der Bekannte aus dem Dorf, der fliegende Textil- oder der Obst- und Gemüsehändler sind die einmal in der Woche LKWs den Berg hinauf treiben und bei denen Frieda dann einkaufen geht. Ins Dorf nach Sankt Walburg kommt sie kaum noch, geschweige denn nach Meran oder Bozen.

Aus einer Höhe von 1500 m betrachtet, ist das eine andere Welt, die sie nicht vermisst. Der seit 20 Jahren existierende Fernsehapparat hat daran nichts ändern können. Auf die nachmittägliche Gerichtssendung möchte sie dennoch nicht mehr verzichten. Womöglich weil man da so schön einschlafen kann.

 

Oktober 2013